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1. Sitzung, 12. III. 1998

Die erste Lehrveranstaltung diente der Einführung in das Thema und der Diskussion der Arbeitsorganisation.

Zur Organisation: Die Stellung dieser speziellen Soziologie im Lehrplan und Probleme der Umsetzung;

zur Form der Arbeit: Vorlesung und Seminar in der Form eines integrierten Blockes, wobei die Eigeninitiative aler Beteiligen wichtig ist;

zur Struktur: Zu viel Struktur bedeutet ermüdende Exekution eines vorgebenen Programmes, zu wenig Struktur Unübersichtlichkeit und Unverbindlichkeit. Ein Mittelweg besteht darin, einen Kernbereich anzugeben, und um diesen herum weitere Elemente hinzuzufügen und so eine eigenständige Synthese zu erarbeiten.

Dazu drei Bezugspunkte: a) Lexikal. Kurzfassung z. Stichwort "Arbeit" (in Kopien ausgeteilt), um sich über den Inhalt dieses Zentralbegriffes zu verständigen b) Peter G., theorie und Praxis der Arbeitsforschung (s.L-Liste) c) DeCoster/Pichault, Traite du Sociologie du travail.

Beo G. Peter findet sich eine thesenartige Zusammenfassung der Schwerpunkte der Arbeitssoziologie (S. 12 - 23), bei deCoster/Pichault eine nützliche Strukturierung der Thematik, die es erlaubt, Querverbindungen zu anderen Konzeptionen herzustellen.

Aufgabenstellung bis zum nächsten mal:

In "Die Presse" v. 11. März 98 findet sich auf S. 2 ein Gastekommentar zu: "Kontrolle oder Qualitätsmanagement". Die Teilnehmer erhalten diesen Text und sollen einen schriftlichen Kommentar dazu erarbeiten, um folgende drei Fragen zentriert: 1) Kernaussage? b) impliziter Arbeitsbegriff? c) wie kritisierbar?

Lektürempfehlung für die nächste Sitzung:

P: Bourdieu, L' Essence du neoliberalism, in: Le Monde diplomatique, März 1998, S. 3 (gibts neuerdings auch in deutscher Sprache)

K. Marx, Manifest der Kommunistischen Partei (1848) (dort gibts wichtige Aussagen zum Thema Arbeit und Märkte)



 

2. Sitzung, 19. III. 1998

Aus gegebenem Anlaß begibt sich die ganze Mann-/Frauschaft in den EDV-Raum des Inst., um dort jene - das ist die große Mehrheit - , die mit der Internetnutzung noch nicht vertraut sind, auf die damit gegebenen Möglichkeiten hinzuweisen.

Wir suchen zunächst "taz.de", dort findet sich der neue Artikel v. P. Bourdieu über "L´essence du néoliberalisme" (Le Monde dipl 98/3, S. 3) in deutscher Übersetzung und kann ausgedruckt werden.

Andere Suchbeispiele: nzz.ch, lemonde.fr, bibigate, altavista (unter dem Stichwort Qualitätsmanagement sind mehr als 60.000 Verweise gekommen, was zeigt, daß dies heute kein belangloses Thema ist).

Wichtig: Web site der Arbeitslosen Frankreichs: www.altern.org/antenneassedic

Vor der Pause dann noch die Bearbeitung des Diskussionsbeitrages aus "Die Presse" vom Dienstag letzter Woche über "Qualitätsmanagement oder Kontrolle". Dazu sollte jede/r eine schriftliche Stellungnahme erarbeiten.

Diese Vorarbeiten sind Grundlage einer Gruppendiskussion v. ca. 20 min, dann Versuch einer gemeinsamen Synthese unter den 3 Gesichtspunkten: 1) Kernaussage b) impliziter Arbeitsbegriff c) Möglichkeiten der Kritik.

Gesamtergebnis etwa folgendes:

a) alles orientiert sich am Wettbewerb b) Arbeit ist eine Funktion des Wettbewerbs, also eine umfassende Zwangssituation, wobei der Zwang sich nicht nur auf die einzelnen äußerlichen Verrichtungen bezieht wie im früheren Taylorismus, sondern auf das ganze Tun in umfassendem Sinn und somit auch die Innenseite des Menschen miteinzubeziehen hat/sucht.

c) Der Text ist wie eine Gummimasse, es ist also nicht so ohne weiteres gleich klar, warum der Text Unbehagen erzeugt, was hier falsch ist. Es sind wohl die damit vermittelten Vorstellungen von Sachzwang und Unvermeidlichkeit, die im einzelnen schwer zurückzuweisen sind, wenn nicht auch das ganze dahinterstehende Denksystem (die Ideologie, s. Bourdieu) als solche gesehen wird.

Systemkritik setzt hier auf jeden Fall Sprachkritik voraus. Qualitätsmanagement läuft auf Intensivierung des Arbeitsdruckes hinaus, um die Ausbeutung zu intensivieren und dies gleichzeitig sprachlich zu verschleiern.



Nach der Pause Rekapitulation der Grundstruktur der Konzeption bei DeCoster/Pichault und Diskussion von Alternativen dieser Gliederung, die in etwa dem bekannten Makro-/Meso-/Mikro-Schema entspricht, wobei hier die Mikroebene als die Ebene des "Akteurs" konzipiert ist.

Auf dem Hintergrund dieser Überlegungen Suche und Auflistung von Themen, die Gegenstand von Referaten werden können/sollen. Vorläufige Liste der Themen:



Themen



Wettbewerb und Sozialdarwinismus: Zimmermann Maria

Sinn und Unsinn des Leistungsprinzips: Ziegelwanger Doris

Fortschritt und Entropie: Mendler Georg

NGO - Vernetzung als Reaktion auf Bedrohung: ............................................

Wert der Arbeit in verschiedenen Kulturen: Schrattenecker Andrea

Widerstände in Frankreich: Riegler Christine

Arbeitszufriedenheit - Unzufriedenheit und die Auswirkungen auf das berufliche Engagement: Pfaffeneder Margot

MAI: Hintergründe und Auswirkungen:Thomas Philipp



Akteure: Rührlinger Eva

Verelendungstheorien: Mario Valentin, Andreas Schwandtner

Bedingungen der Artikulation von Widerstand:...............................................................

Administration der Arbeitslosigkeit:.

Passive und aktive Arbeitsmarktpolitik: Brandstätter Gerhard und K.

Flexibilisierung von Arbeitszeit und Arbeitsort: Seledetz Tanja

Positionierungsmöglichkeiten für Gewerkschaften: Navroka Roman

Anpassungsmanöver/Adaptationen der Sozialpolitik: Hain Ralf

Arbeitsloseninitiativen: Ziehengrasser und Molterer Maria

Globalisierung und Internationalisierung: Sonntagbauer Martha

Wirtschaftswachstum und Arbeitslosigkeit: Murauer Petra

Veränderungen der Arbeitsformen: Suchan Kerstin

Working poor: Helekal Dagmar

Arbeitslosigkeit und Dynamik der Ausgrenzung: Karl Gerhard



 

3. Sitzung, 26. III. 1998

Zu Beginn der Sitzung meldet sich einer der Teilnehmer, daß er seinen Beitrag über Innovationen im Bereich der Arbeitsmarktpolitik (AMP) zu Diskussion stellen möchte, wofür so ca. eine halbe Stunde nötig sein würde. Daraus ist dann mehr geworden, die ganze Zeit bis zur Pause. Wenn dieser Beitrag in der Endfassung fertig ist, wird er zur Verfügung gestellt.

Nach der Pause bleibt nur noch Zeit für die ersten beiden Punkte des vorgesehenen Programms: 1) Reflexion über März 1884 2) Gemeinsame Lektüre einer Textauswahl aus dem Manifest der Kommunistischen Partei.

Zu 1): Lit.: Ernst Fischer, Österreich 1848, Wien 1946; einige Kommentare aus diversen Zeitungen (z. B. NZZ u.a.), Rückblick auf die damaligen wirtschaftlichen und politischen Gegebenheiten, die damit vorprogrammierten Konflikte, die dann zu den Unruhen von 1848 führten. Da die Konfliktursachen auch Gegenstand der Analysen des "Kommunist. Manifestes" sind, befassen wir uns mit diesem etwas ausführlicher, insbesondere mit jenen Passagen, die sich mit dem Stellenwert der Arbeit im neuen Wirtschaftssystem befassen.

Da die Zeit zu knapp wird, sind die nicht behandelten Programmpunkte Gegenstand der nächsten Sitzung.



 

4. Sitzung, 2. IV. 1998

Es sollte letztes Mal bereits der Beitrag von Bourdieu behandelt werden, was aus Zeitgründen nicht möglich gewesen ist; also er heute dran, allerdings ergänzt um einen weiteren Beitrag desselben Autors in "Die Zeit" vom 11.3.98 Es handelt sich dabei um eine leicht überarbeitete Rede Bourdieus anläßlich der Verleihung des Ernst Bloch Preises in Ludwigshafen. Die beiden Themen sind: "L´essence du néoliberalism" (in Le Monde Diplomatique) und "Kapitalismus als konservative Restauration". Im Untertitel: Das Elend der Welt, der Skandal der Arbeitslosigkeit und eine Erinnerung an die Sozialutopie Ernst Blochs

Zunächst wird der Begriff "essence" problematisiert, der in der Übersetzung in der taz übersetzt wird mit "Sachzwänge des Neolib.". Die Problematik ist darin zu sehen, daß B. Hier einen Begriff verwendet, der einen etwas antiquierten Beigeschmack hat und in der modernen Wissenschaftssprache meist bewußt vermieden wird. Wenn B. Diesen Begriff dennoch ins Zentrum rückt, so will er damit etwas und bezieht eine eindeutige Position.

Dann die Frage nach dem Stellenwert des Begriffes "Wesen" in der Phänomenologie, der Kritischen Theorie. Dem Kritischen Rationalismus, dem symbolischen Interaktionismus und dem Konstruktivismus, um nur einige der geläufigsten Kontexte anzusprechen.

Was neu ist hier bei B., das ist sein frontaler Angriff auf jene Wissenschaften, die sich in den Dienst des Neoliberalismus stellen, ihn legitimieren und dafür als Gegenleistung von ihm gestützt werden. Diese Stützung durch die politische Macht des Kapitals ist insofern nötig, weil das intellektuelle Fundament dieser Wissenschaften äußert fragwürdig ist. Deklariertes Ziel dieser Attacken ist die Wissenschaft der Ökonomie, der er vorwirft, die Dinge der Logik mit der Logik der Dinge zu verwechseln und komplexere Zusammenhänge nicht begreifen zu können. Zum Stichwort "Logik" dann wieder ein längerer Exkurs zu: zweiwertige Logik, Dialektik, mehrwertige Logiken.

Der zweite Artikel weist engere Bezüge zur Arbeitslosigkeit auf, die B. als Skandal bezeichnet und - völlig unerwartet - zur sozialen Bewegung der Arbeitslosen geführt hat.

Diese beiden Artikel werden ergänzt durch Hinweise auf die gezielte Aufbaustrategie der neoliberalen Position seit den Nachkriegsjahren (Mont Pelerin Society). Quelle: diverse, gut recherchierte und dokumentierte Artikel aus Le M. dipl. 1996. Pause

Nachher wird nochmals diskutiert über die Modalitäten der gemeinsamen Arbeit und die verbindlichen Leistungsanforderungen. Es wird vereinbart, daß zusätzlich zu diversen Pflichtübungen alle Teilnehmer/-inn dem LV-Leiter bis spätestens Mitte Mai einen Problemaufriß des bearbeiteten Themas plus Materialsammlung abzuliefern haben. Im Anschluß daran werden alle Themen erneut kurz durchdiskutiert im Hinblick auf Problemfokussierung, Machbarkeit, zugängliche Materiealien etc.

Gegen Ende beschäftigen wir und noch mit der zweiten Textquelle, dem Buch von Berger, und zwar mit dem Stichwort "Institution". In der explizierenden ersten (der fünf damit verbundenen) These wird die Zusammengehörigkeit von Lebenswelt und System statuiert (im Gegensatz zur Kolonisierungsthese von Habermas). Längere Auseinandersetzung mit diesem Begriffspaar und Erörterung der Frage, in welcher Weise die damit angesprochene Thematik sich auch in anderen Theorieversionen findet (in Strukturtheorie, Habituskonzept, deren gemeinsamer Nenner: Vermittlungstheorie).



 

5. Sitzung, 23. IV. 1998

Zu Beginn, als das Volk noch nicht vollzählig versammelt war, zunächst einige Diskussionen zu Materialsuche und Strukturierung zu einigen Themen.

Im Anschluß daran stellt Günther Leeb seine Diplomarbeit vor, eine Evaluierungsstudie zu einem Adapt-Projekt im Mühlviertel. Dies paßt insofern gut zum Thema Arbeit und Arbeitslosigkeit, als es sich um eine Initiative der Europäischen Gemeinschaft handelt, bei der Gestaltung der Arbeitsverhältnisse zu intervenieren.

Bevor er das Projekt selbst im einzelnen vorstellt, geht es um die Struktur solcher Projekte aus dem Europäischen Sozialfonds, Intention und organisatorische Umsetzung im Zusammenspiel mit nationalen Instanzen, im vorliegenden Fall dem AMS, dem Exekutivorgan des Sozialministeriums. Dies nimmt unerwartet viel Zeit in Anspruch, ist für die Teilnehmer/-innen aber von großem Interesse, weil die Evaluierung derartiger Projekte ein bevorzugtes Arbeitsfeld für Absolventen unserer Studienrichtung ist.

Bei die Frage der Evaluierung des Projektes kommen dann u.a. auch besonders methodische Fragen zu Diskussion. Es wird in diesem Zusammenhang auf den Text von G. Lapassade zu teilnehmenden Beobachtung verwiesen, der derzeit auch in den beiden Proseminaren verwendet wird. Sein Wert scheint darin zu liegen, daß er Hinweise enthält, wie mit einem Methodenmix umzugehen ist. Denn es zeigt sich, daß es unzulänglich ist, einfach einen Fragebogen zu konstruieren und damit einige Leute zu interviewen. Der Referent weist auf diesbzüglich Negativbeispiele hin. Das Problem besteht darin, schriftliche Materialien, Gespräche, Beobachtungen, auch Interviews, sowohl strukturierte und nicht strukturierte, als Quellen von Daten zu betrachten und zu verwerten. Lapassade verweist auf die Notwendigkeit eines kreativen Umgangs mit dem Material und verweist auf die Notwendigkeit, die Einbildungskraft (Imagination) ins Spiel zu bringen. Das Kunststück besteht darin, daraus einen wissenschaftlichen Ansprüchen genügenden und nachvollziehbaren Dokumentations-, Interpretations- und Reflexionsprozeß zu machen. Es scheint, daß die hier vorgestellte Diplomarbeit auf gutem Wege dazu ist. Das Interesse, das sie gefunden hat, ist ein Indiz dafür, daß die Zeit heute gut verwendet worden ist, obwohl der dafür vorgesehene Rahmen weit überschritten worden ist. Also - ein Dank dem Referenten.



 

6. Sitzung, 30. IV. 1998

Ausgangspunkt der heutigen Überlegungen sind 3 strukturierende Fragen
a) Wie richtig ist die These vom Ende der Arbeit? (Rifkin u.a.)
b) Ursachen der Arbeitslosigkeit?
c) Wege zur Reduzierung der Arbeitslosigkeit?
Bearbeitung dieser Fragen in Anlehnung an J. Freyssinet, Le chomage, Paris 1998 und die Artikel von J.-P. Maréchal (Demain l' économie social), Ch. Euzéby (Pistes pour une révolution tranquille du travail), A..C. Robert (Faux emplois et vrai chomage) in Le Monde dipl. vom April 98.

Nach der Pause Beschäftigung mit dem Einführungstext von A. Touraine zur Soziologie der Arbeit von Coster/Pigault. Da heute einige mit einer anderen Lehrveranstaltung in Steyr sind und zudem Fakultätstag ist, hören wir ein bißchen früher auf und setzen nächste Woche fort.



 

7. Sitzung, . V. 1998



 

8. Sitzung, . V. 1998



 

9. Sitzung, 26. V. 1998

In der ersten Vormittagshälfte Referat über "Soziale Akteure", wobei Crozier/Friedmann die Basisliteratur darstellen. In einem zweiten und dritten Teil wird die Thematik ausgeweitet auf das Phänomen der "sozialen Bewegungen", deren Entstehungsbedingungen, Verlaufsstrukturen und Erfolgschancen.

Im zweiten Teil diskutieren wir den Entwurf zum Beitrag "Arbeitszufriedenheit und berufliches Engagement". Ich kritisiere diesen Entwurf deswegen, weil dabei die betriebswirtschaftliche Perspektive so sehr im Vordergrund steht, daß nicht Soziologisches zu finden ist. Außerdem entspricht das Ganze dem Problem- und Diskussionsstand von vor 25 Jahren. In der nächsten Stunde werde ich dies noch besser begründen durch einige Beispiele aus Claire Gallois, L' Honneur du Chomeur, Paris 1998. Eine Menge von Beispielen, die es als antiquiert erscheinen lassen, der Frage nach der Arbeitszufriedenheit nachzugehen.



 

10. Sitzung, 5. VI. 1998

Wie beabsichtigt, bringe ich zunächst eine Kostproben aus C. Vallois: Selbsterfahrungsberichte von Arbeitslosen. Vermutlich hat zu dieser Welt keinen adäquaten Zugang, wer nicht selbst diese Erfahrungen gemacht hat.

Im Anschluß daran das Referat über "Positionsmöglichkeiten der Gewerkschaften", das aus langjähriger Erfahrung geschrieben ist, da der Referent selbst über lange Jahre engagierter Betriebsrat in einer großen Baufirma gewesen ist.

Nach der Pause ist von denen, die bereits ihr Konzept bzw. ihr halb- oder ganzfertiges Referat abgeliefert haben bereit, niemand darauf vorbereitet, einen Input zu machen. Ich greife daher auf den Standardtext "Theorie und Praxis der Arbeitsforschung (Gerd Peter) zurück, der sich in seiner Grundstruktur an der Daseinanalyse v. Heidegger orientiert. Besprechung der ersten dre Grundkategorien: "Dasein", "Situationen", "Lebenswelt und Systeme".

O.N.