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Otto Nigsch

Université Coopérative Internationale.
Neue Bildungswege für Erwachsene
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Mit Ende Juni stellen Österreichs Universitäten ihren Lehr betrieb für drei Monate ein. Das bedeutet jedoch nicht, dass nun Lehrende und Lernende für diese Zeit den Bauch in die Sonne legen können. Denn Ende des Lehrbetriebes heißt nicht Ende des Lernprozesses, der in vielen Formen weiterlaufen kann: am Schreibtisch, auf einer Urlaubsreise, in einer zeitlich begrenzten Eingliederung in die Arbeitswelt. Manch ein Student hat schon entdeckt, dass mehrwöchige konkrete Arbeitserfahrungen informativer sein können als abstrakte Reflexionen über letztlich recht fernliegende Bereiche.
In Anerkennung des Wertes eigener Erfahrungen schreiben manche Studiengänge Praktika vor, andere beschränken sich auf rein kognitiven Informationstransfer. Theorie und Praxis ins richtige Verhältnis zueinander zu setzen erweist sich somit als Aufgabe, die immer wieder neu zu lösen ist. Niemand stellt dies in Abrede, doch ihre organisatorische Umsetzung bereitet Schwierigkeiten.
Noch ein weiterer Hinweis für den eigenständigen Wert erfolgreicher Praxis:
Die akademische Ehrung außergewöhnlicher praktischer Leistungen, sei es in der Verleihung des Professorentitels durch den Bundespräsidenten, sei es eines Ehrendoktorates einer Universität, ist nur unter der Voraussetzung sinnvoll, dass damit die besondere Bedeutung der Praxis für die Theorie oder gar ihre Ebenbürtigkeit herausgestrichen sein soll. In der Geschichte der Wissenschaft finden sich zahllose Beispiele dafür, dass entscheidende Impulse für ihre Weiterentwicklung vom außeruniversitären Bereich ausgegangen sind.

Bei dieser Einsicht, dass ein bestimmtes Ausmaß an Lebenserfahrung auch gleichzeitig wertvolles Wissen sein kann, ist wohl einzusetzen, wenn der Versuch gelingen soll, in wenigen Sätzen die Université Cooperative Internationale, ein hierzulande noch kaum bekanntes Modell universitärer Erwachsenenbildung, vorzustellen. In der Open University (England), den Fernuniversitäten und Seniorenuniversitäten verschiedener Länder wird wohl der Zugang zum Reichtum des universitären Wissens einem neuen Personenkreis möglich gemacht, doch Inhalt des Wissens und Art der Vermittlung bleiben unverändert. In der Gleichschaltung berufstätiger Erwachsener oder bereits pensionierter Studienaspiranten mit dem jugendlichen Studienanfänger, der eben seine Matura und sonst nichts mitbringt, ist von vornherein die

Bedeutungslosigkeit der oben angesprochenen Lebenserfahrungen dekretiert. An offensichtlichen Nachteilen, die damit verbunden sind, wären zu nennen die völlige Ignorierung der besonderen Lernbedürfnisse Erwachsener und der Verzicht der Universität, Erfahrungen als praktisches Wissen eigener Art anzuerkennen, das in seiner Vertiefung und Systematisierung auf das universitäre und das gesamtgesellschaftliche Wissen zurückwirken könnte.

Von ihrer Idee und Organisationsform her ist die Université Cooperative International (U.C.I.) auf die Ecole Pratique des Hautes Etudes en Sciences Sociales (PARIS) zurückzuführen, also einer Einrichtung für universitäre Studien mit stärkerer Betonung der praktischen Bezüge. H. Desroche, der durch mehr als ein Vierteljahrhundert an dieser Einrichtung als Professor tätig war, war der Hauptinitiator der Entwicklung des hier angesprochenen Studienmodells, das in Zusammenarbeit mit seiner Hohen Scööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööööder Wahl der Orte, Zeiten und Inhalte, unter bestmöglicher Ausnützung der berufstätigen Erwachsenen gegebenen Möglichkeiten. Diese selbst organisieren sich als Gruppe von 12 -- 15 Studenten, die mit einer Gruppe von Universitätslehrern nach Maßgabe der Erfordernisse der Projekte sowohl individuell wie auch in seminarähnlichen Veranstaltungen auf intensive Art und Weise zusammenarbeiten. Derartige Studiengänge, die bereits in Kooperation mit zahlreichen Universitäten etabliert sind, dauern durchschnittlich vier Jahre. Voraussetzung des Erwerbs universitärer Diplome bzw. Doktorate ist die Präsentation des Projekts und die Überprüfung der geleisteten Arbeit durch eine universitäre Kommission. Zwischenprüfungen über isolierte Bereiche entfallen. An deren Stelle stehen schriftliche Nachweise über den Fortschritt der kontinuierlichen Arbeit.

Fürs erste wird ein derartiges Modell wohl auch in seiner expliziten Beschränkung auf studienwillige Erwachsene als utopisch und fern des Realisierbaren erscheinen. Doch bei genauerem Hinsehen zeigt sich, dass es sowohl Elemente der alten 'universitas', der Gemeinschaft von Lehrenden und Lernenden enthält, und gleichzeitig auch den zukunftsorientierten Empfehlungen der UNESCO (Nairobi 1976) für die Erwachsenenbildung entspricht: 'Auszugehen ist vom Leben, der beruflichen Erfahrung, dem sozialen Universum, das der Erwachsene in sich trägt, damit er selbst daraus die für ihn zweckmäßige universitäre Bildung ableite'.